Hallo,
eine richtige Diskussion hier, mit echten Argumenten und Lösungsvorschlägen, hat man auch nicht alle Tage in Internetforen

Dann will ich auch mal ein paar Überlegungen einstreuen. (Disclaimer: Ich bin pro Personalisierung)
1. Die Behauptung, Personalisierung verursache kaum Zusatzaufwand, ist meines Erachtens ziemlich falsch. Unpersonalisierte Tickets kannst du vorab drucken und dann bei Versand "wahllos" zuteilen. Vereinfacht gesagt stehen dann da 23 große Pappkartons, einer pro Konzert, und die Eintüter greifen bei jedem abzuarbeitenden Versand einfach in den entsprechenden Karton. Wenn du Tickets personalisierst, kannst/willst du sie erst drucken, wenn du sie verschickst. Vor VVK drucken geht logischerweise gar nicht, direkt nach Bestellung ist auch schwierig, da es ja Tickets geben wird, die nicht bezahlt werden und außerdem will am Ende keiner aus 20.000 Tickets die drei für Max Mustermann raussuchen, selbst wenn sie alphabetisch sortiert sind. Ergo Druck erst bei Versand. Das heißt zum einen, dass du die Druckmaschine drei Wochen (oder länger, wegen Rückläufern!) am Stück brauchst und zweitens, dass sich Druckmaschine und Eintüter am gleichen Ort befinden müssen. Das verursacht klar Mehrkosten und das Eintüten wird wie gesagt auch nicht einfacher, wenn man immer nochmal gegenchecken muss, dass die Namen alle stimmen. Außerdem will man Leuten, die dann doch nicht zu Konzerten können, eine legale Möglichkeit geben, Tickets zurückzugeben und die Rückgaben dann wieder zu verkaufen. Guess what? Das kostet Geld. Man braucht eine (digitale) Infrastruktur, die muss man bezahlen und man muss auf einmal das ganze Jahr über neue Tickets drucken und eintüten können. Außerdem: Sollen die Leute ihre Tickets zurückschicken? Klingt nach Chaos, besser ist es, wenn die Tickets QRCodes o.ä. haben, die man einfach entwerten kann. Dann braucht man aber Scanner vor Ort. Speaking of which. Der Einlass wird durch Ausweiskontrollen auch nicht schneller, ich würde schätzen, man braucht min 30% mehr Personal vor Ort. Das alles kostet. Keine Unsummen, aber 5 bis 10 Euro mehr pro Konzert halte ich für realistisch. Für alle angesprochenen Probleme gibt es Lösungen, Rammstein und Co zeigen es ja, aber sich hinzustellen und zu sagen "Das macht keinen Unterschied" ist vermessen.
2. Bei Personalisierung schaffst du neuen Frust. Was ist mit Kindern und Jugendlichen, die noch keinen Ausweis haben? Wie gehst du in der Praxis um mit Leuten, die ihren Ausweis vergessen haben? Da kann man jetzt aus der Ferne einfach sagen: Die ersten sollen sich halt rechtzeitig vorher nen Kinderreisepass ausstellen lassen (ich wär aber als Vater auch gefrustet wenn ich vier Stunden bei der Meldestelle sitzen muss, weil mein Kind zu Capital Bra will bzw. als Kind gefrustet wenn mein Vater sagt "wegen dem Affen setz ich mich nicht vier Stunen auf die Meldestelle). Und beim Ausweis vergessen? Das kommt halt einfach vor. So wie Leute auch schon Tickets vergessen haben. Nur bei letzterem ist klar, dass du keine Chance hast, bei zweiterem findest du "die sollen sich nicht so haben, ich bin das WIRKLICH". In der Situation mega unangenehm für alle.
3. Das Problem mit gefälschten Tickets löst du mit personalisierten Tickets auch nicht wirklich. Wenn sich Viagogo oder wer auch immer weiterhin hinstellt ubd behauptet, sie könnten dir Tickets verkaufen? Wen du auf jeden Fall triffst, sind kleine Schwarzhändler (okay) und Leute, die ihr Ticket weiter verkaufen, weil sie doch nicht zum Konzert können (eigentlich nicht das Problem).
4. Bin ich völlig bei Gabu, was die Frage angeht, wie groß das Botproblem wirklich ist/war. Ich glaube, dass einfach tatsächlich soviele Leute Tickets haben wollten. Wenn es in Berlin schätzungsweise 5000 Innenraumtickets gab, dann glaub ich einfach, dass gestern einfach deutlich mehr als 5000 Leute am Rechner saßen, die alle bis zu vier Tickets bestellen wollten. Es gab nen Riesen Medienwirbel und ich war mega erstaunt, wer in meinem nicht-so-ärzte-affinen Teil des Freundeskreises auf einmal alles versuchen wollte (teils auch erfolgreich), an Tickets zu kommen. Das ist eine reine Angebot-Nachfrage-Geschichte. Wenn für ein Konzert mit 15000 Tickets 30000 Menschen eins haben wollen, geht einfach mal die Hälfte leer aus, Bot hin oder her. Wenn da wirklich Bots in Massen im Einsatz gewesen wären, wär alles nach 0.1 Sekunden ausverkauft gewesen, nicht nach 10! Es wär interessant zu schauen, wieviel Tickets pro Konzert jetzt tatsächlich direkt bei eBay landen. Wenn das pro Konzert 500 Stück sind, ist das ein kleines Ärgernis, es hätte aber an der eigentlichen Problematik kaum was geändert, wenn es pro Konzert 500 Ticktes mehr für "echte" Kaufinteressenten gegeben hätte. Viagogo ist da natürlich ne große Unbekannte, weil man nicht weiß, wieviel wirklich bei denen landet.
Nochmal: Ich bin FÜR Personalisierung, aber ich glaube, dass das aufwändig in der Umsetzung ist und an der Situation gestern wenig geändert hätte. Außer vllt, dass die Leute keinen Sündenbock mehr haben, auf den sie ihr Pech bei der Ticketschlacht schieben können.