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[23.10.2020] HELL Textinterpretationen

Begonnen von Metabolit, 23. Oktober 2020, 21:39:11

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Metabolit

Hallo liebe KTAler!

Ich mache mal ein Interpretationsthread auf und beginne mit "Leben vor dem Tod" aus meiner Sicht:

Der Titel ist bereits spannend, weil das Leben vor dem Tod thematisiert wird.
Der Song hat mich ehrlich gesagt total abgeholt - ich habe beim Hören ganz plötzlich beim Outro an meinen kleinen Sohn und meine Frau gedacht, und daran, dass ich nun in Vollendung das Schönste erreicht habe im Leben, was im Innersten alle suchen im Ergebnis - Liebe.

Davor dachte ich zunächst, dass es möglicherweise auch um den Verlust eines Menschen ging und die Erkenntnis, dass ohne diesen alles sinnlos ist, am Ende im Outro an der Lebensgrenze stehend und wiedervereint.

Es geht jedenfalls eingangs um die Ableitung der schier unbegrenzten Möglichkeiten unseres Lebens - die Liebe als einziger sinngebender Weg.
Hierbei lässt der Text es schon ziemlich offen, welche Person für den einzelnen hierbei im Focus steht, und wie das ganze zu verstehen ist (s. o.)

Im Text:

So viele Sterne, waren die im Sonderangebot? > Bild für die unbegrenzten Möglichkeiten im Leben und die Weite des Universums, die Leere, Sinnleere desselben, gezeigt durch die fast zynische Abwertung "Sonderangebot"

Ich wüsste gerne: Gibt es ein Leben vor dem Tod?
> Es geht darum, das Leben mit einem Sinn zu versehen

Und ob das Eis mich trägt
> Sinnbild/ Metapher für das Wagnis, sich zu trauen, einen bestimmten Weg zu gehen,


Wer kann mir sagen, aus welchem Grund ich existier'?
So viele Fragen, wer bin ich und was mach ich hier?
Und warum führt jeder Weg zu dir?

Hier ist entweder die Liebe als solche, eine Person oder gar der Tod oder sogar Gott gemeint.

Das Leben ist kurz, das Leben ist schön
Und traurig auch, gelegentlich
Ich hab lange gebraucht, um zu verstehen
Das Lеben ist sinnlos ohne dich
Ich kann dich erkеnnen, auch wenn du wieder untertauchst

Das lyrische Ich sucht eine Person und findet schließlich darin zur Liebe


Wie sagte schon Lennon? Liebe ist alles, was du brauchst
Der Satz hat mich geprägt

Ich fühle den Regen, zwischen den Bäumen rauscht es laut
Ich muss mich bewegen, das Wasser ist kalt auf meiner Haut
Ich mach mich auf den Weg zu dir

Schön, dass man dies hier wörtlich und im übertragenen Sinne verstehen kann (Metapher für Lebensweg und Suche)

Das Leben ist kurz, das Leben ist schön
Und nicht zu einsam, hoffentlich
Ich hab lange gebraucht, um zu verstehen
Das Leben ist sinnlos ohne dich
Das Leben ist kurz, das Leben ist schön
Und plötzlich vorbei, unweigerlich
Ich hab lange gebraucht, um zu verstehen
Mein Leben ist sinnlos ohne dich (Sinnlos ohne dich)
Mein Leben ist sinnlos ohne dich

In deinen Pupillen spiegelt sich blau der Ozean
Ich frag mich im Stillen, ob das Leben noch schöner werden kann
Ich bin zum Greifen nah bei dir

Das Ende kann wörtlich beschreiben, dass das lyrische Ich zu seiner Lebensliebe gefunden hat (oder wen auch immer) oder eben am Ende im Tod vereint ist mit dieser (mit Gott?). Der Ozean als Bild für das Jenseits. Der Ort an der Lebensgrenze, am Lebensende mit der Frage verknüpft, ob es noch schöner werden könne.

Vielleicht ist es aber auch zu weit hergeholt und ganz wörtlich gemeint.


Bin gespannt, wie Ihr es seht!
In deinen Pupillen spiegelt sich blau der Ozean,
Ich frag mich im Stillen, ob das Leben noch schöner werden kann,
Ich bin zum Greifen nah bei dir...

cenobyte

Schöner Thread! Ich bin mir bei "Leben nach dem Tod" recht sicher, dass es um einen echte Menschen geht und nicht Gott. Das macht die Zeile mit den Pupillen doch recht klar, da finde ich deine Interpretation tatsächlich zu weit hergeholt. Ich schätze auch, dass Farin diesen Menschen tatsächlich liebt und sich ihn nicht ausgedacht hat. Er wird immer wieder zu oder mit ihr gereist sein, wundern würde mich entsprechend auch nicht, wenn er von seiner Schwester singt.

dimensioniertes Schwein

Zu "Leben nach dem Tod" kann ich nichts sagen, der Song ist nicht so meins...

Aber kann mir jemand sagen, was in "Ich, am Strand" mit: "Ich mit der Geburtstagstorte, lachend, weil ichs einfach nicht kapier." gemeint ist?  Was kapiert er nicht?
Vielleicht kann mir da jemand auf die Sprünge helfen.

Geschwisterlieber

Zitat von: cenobyte am 23. Oktober 2020, 23:05:30
Schöner Thread! Ich bin mir bei "Leben nach dem Tod" recht sicher, dass es um einen echte Menschen geht und nicht Gott. Das macht die Zeile mit den Pupillen doch recht klar, da finde ich deine Interpretation tatsächlich zu weit hergeholt. Ich schätze auch, dass Farin diesen Menschen tatsächlich liebt und sich ihn nicht ausgedacht hat. Er wird immer wieder zu oder mit ihr gereist sein, wundern würde mich entsprechend auch nicht, wenn er von seiner Schwester singt.
DAS habe ich auch gedacht  :o

@dimensioniertes Schwein: Er kapiert nicht, dass sein Vater ihn verlassen hat, weil er ein Loser ist  ;D
"Gute Nacht, wir sind die Ärsche..." Farin Urlaub, live 02.09.1984 Berlin, Freibad Plötzensee (Open Water Festival)

punxter

Zitat von: cenobyte am 23. Oktober 2020, 23:05:30
Ich bin mir bei "Leben nach dem Tod" recht sicher, dass es um einen echte Menschen geht und nicht Gott. Das macht die Zeile mit den Pupillen doch recht klar
Die Frage gab es ja schon bei "Immer dabei" auf dem letzten FURT-Album, der diesen Schluss tatsächlich zugelassen hat. Wenn ich mich richtig erinnere, hat Farin da aber klargestellt, dass es nicht um Gott geht. Wäre bisschen seltsam, wenn der plötzlich gläubig wird. "Leben vor dem Tod" ist ja als Titel schon eine Absage an den christlichen Glauben an das Leben nach dem Tod.
"Bewegungslos" stellt ja auch klar, dass es "niemand gibt, der hier über uns wacht", wobei der Song natürlich etwas älter ist.

Ich würde für die Interpretation eher den Existenzialismus heranziehen, also eine betont atheistische philosophische Denkrichtung, die die Existenz zunächst und grundsätzlich als sinnlos ansieht. Die Pointe dabei ist, dass man produktiv, durch schöpferische Arbeit das Leben mit Sinn erfüllt (zumindest in Sartres Roman Der Ekel, wenn ich es richtig in Erinnerung habe).
Zitat von: Metabolit am 23. Oktober 2020, 21:39:11
Ich wüsste gerne: Gibt es ein Leben vor dem Tod?
> Es geht darum, das Leben mit einem Sinn zu versehen

Das könnte in Farins Fall auch Musik sein - und der Text spielt ja damit, dass es zuerst nicht klar ist, worum es geht.
Wird dann recht schnell klar, dass es sich um die Liebe zu einem anderen Menschen handelt - aber das kann ja genauso (re-)produktiv sein, wenn es zu Nachwuchs führt.

Die weniger konkreten Elemente des Songs sind vieldeutig - Farin betont ja auch immer wieder, dass ihm Songs einfach einfallen, ohne zu wissen, was sie genau bedeuten. ("Immer dabei" war so ein Fall)

bigpig

#5
Für mich hat Farin in "Leben vor dem Tod" eine typische FU-Geschichte mit philosophischen Überlegungen übers Leben verknüpft. Die Rahmenhandlung: Eine geliebte Person ist in einem zugefrorenen See eingebrochen, das lyrische Ich versucht, zur Einbruchstelle zu kommen ("ob das Eis mich trägt"), bricht selber ein ("das Wasser ist kalt auf meiner Haut") und kommt gerade noch rechtzeitig, um ihr vor ihrem Tod in die eisblauen Augen zu schauen. (Lose an Titanic angelehnt, in meiner Vorstellung.)

Geschwisterlieber

Zitat von: bigpig am 24. Oktober 2020, 01:11:03
Für mich hat Farin in "Leben vor dem Tod" eine typische FU-Geschichte mit philosophischen Überlegungen übers Leben verknüpft. Die Rahmenhandlung: Eine geliebte Person ist in einem zugefrorenen See eingebrochen, das lyrische Ich versucht, zur Einbruchstelle zu kommen ("ob das Eis mich trägt"), bricht selber ein ("das Wasser ist kalt auf meiner Haut") und kommt gerade noch rechtzeitig, um ihr vor ihrem Tod in die Eisblauen Augen zu schauen.
Irgendwie hatte ich beim Hören "Es waren zwei Königskinder" im Hinterkopf...
"Gute Nacht, wir sind die Ärsche..." Farin Urlaub, live 02.09.1984 Berlin, Freibad Plötzensee (Open Water Festival)

MorgensRomance

"So viele Sterne – waren die im Sonderangebot?
Ich wüsste gerne: Gibt es ein Leben vor dem Tod –
und ob das Eis mich trägt ...

wer kann mir sagen, aus welchem Grund ich existier?
So viele Fragen – wer bin ich, und was mach ich hier?"


Bis zu dieser Stelle, dachte ich tatsächlich es geht um einen, vom aussterben bedrohten Eisbären.

FS

Zitat von: dimensioniertes Schwein am 23. Oktober 2020, 23:53:35
Aber kann mir jemand sagen, was in "Ich, am Strand" mit: "Ich mit der Geburtstagstorte, lachend, weil ichs einfach nicht kapier." gemeint ist?  Was kapiert er nicht?
Vielleicht kann mir da jemand auf die Sprünge helfen.
Dass sich die Eltern getrennt haben.

Metabolit

Zitat von: cenobyte am 23. Oktober 2020, 23:05:30
Schöner Thread! Ich bin mir bei "Leben nach dem Tod" recht sicher, dass es um einen echte Menschen geht und nicht Gott. Das macht die Zeile mit den Pupillen doch recht klar, da finde ich deine Interpretation tatsächlich zu weit hergeholt. Ich schätze auch, dass Farin diesen Menschen tatsächlich liebt und sich ihn nicht ausgedacht hat. Er wird immer wieder zu oder mit ihr gereist sein, wundern würde mich entsprechend auch nicht, wenn er von seiner Schwester singt.

Ich denke dabei selbst ja nicht an irgendeinen Gott, aber die Texte sind vieldeutig und nicht unbedingt von oder für Farin persönlich.
Jeder soll da etwas anderes darin sehen können - pure Absicht. Genau wie die Tatsache, dass seine Texte wörtlich und übertragen verstanden werden können.
In deinen Pupillen spiegelt sich blau der Ozean,
Ich frag mich im Stillen, ob das Leben noch schöner werden kann,
Ich bin zum Greifen nah bei dir...

Stulle mit Jagdwurst

Ziemlich gute Idee so ein Thread, werde zu gegebener Zeit sicher auch noch was beisteuern. Finde sowas ja extrem spannend.  ;D hab es nur selbst erst einmal gehört und werde für meine Interpretation eine Weile brauchen.

Ansonsten ist mir beim lesen des Threads noch eingefallen, dass Farin irgendwo beim Radio (weiß nicht mehr wo, BR oder Jump?!) meinte, dies sei wohl das intimste Liebeslied was er je geschrieben habe. Vielleicht für den ein oder anderen noch ganz interessant.

meine_wenigkeit

Beim Clown musste ich an Robin Williams denken, der als begandeter Komiker schliesslich von Depressionen geplagt Selbstmord begangen hat. Es passt nicht alles, aber gewisse Passagen habens in diesem Zusammenhang in sich.

Geschwisterlieber

Zitat von: meine_wenigkeit am 24. Oktober 2020, 12:25:55
Beim Clown musste ich an Robin Williams denken, der als begandeter Komiker schliesslich von Depressionen geplagt Selbstmord begangen hat. Es passt nicht alles, aber gewisse Passagen habens in diesem Zusammenhang in sich.
Jaaaaa, "Patch Adams" war auch das erste, was mir beim Hören in den Sinn kam.
Bzw. musste ich auch ein wenig an den unveröffentlichten Jerry Lewis-Film "The Day The Clown Cried" denken, auch wenn dieser anstatt in einem Hospiz in einem KZ fungierte.
"Gute Nacht, wir sind die Ärsche..." Farin Urlaub, live 02.09.1984 Berlin, Freibad Plötzensee (Open Water Festival)

DÄmon

Den Gedankengang mit dem Thema Depressionen hatte ich auch. Nach außen hin stets lustig und gut gelaunt aber innerlich mit sich kämpfend und von dunklen Gedanken umgeben.
Today is the tomorrow you worried about yesterday

supere10

Beim Clown musste ich an den Joker Film denken.

Cermets

#15
Zitat von: dimensioniertes Schwein am 23. Oktober 2020, 23:53:35
Aber kann mir jemand sagen, was in "Ich, am Strand" mit: "Ich mit der Geburtstagstorte, lachend, weil ichs einfach nicht kapier." gemeint ist?  Was kapiert er nicht?
Glaub nicht, dass es noch um die Scheidung geht. Wäre für mich chronologisch ein zu großer Sprung.
Mit 2 sind die Eltern schon geschieden, er guckt fies. (Wahrscheinlich wegen der Scheidung)
Die Geburtstagstorte dürfte aber erst mit mindestens 5 sein.
Denke es geht eher um die Vergänglichkeit des Lebens, die man an Geburtstagen am ehesten spüren kann.
Wow, so geschrieben hören sich meine Gedanken echt Dark an

Bobby die Bürste

Zitat von: dimensioniertes Schwein am 23. Oktober 2020, 23:53:35
Aber kann mir jemand sagen, was in "Ich, am Strand" mit: "Ich mit der Geburtstagstorte, lachend, weil ichs einfach nicht kapier." gemeint ist?  Was kapiert er nicht?
Vielleicht kann mir da jemand auf die Sprünge helfen.

Ich habe die Zele so verstanden, dass das lyrische Ich in dem Alter Geburtstage im Allgemeinen und warum man sie feiert nicht verstanden hat.
Noot noot!
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Toxic Toast

Zitat von: Bobby die Bürste am 24. Oktober 2020, 18:53:45
Ich habe die Zele so verstanden, dass das lyrische Ich in dem Alter Geburtstage im Allgemeinen und warum man sie feiert nicht verstanden hat.

Ja das dachte ich auch, diese ganze Absurdität der Situation - dafür gefeiert zu werden, dass man älter ist, auf einmal gibts ne Torte und man muss Kerzen auspusten und es werden Fotos gemacht, das ist für ein kleines Kind vielleicht wirklich schwer zu kapieren...

Metabolit

Wobei ich eher zum Nicht - Verstehen der schwierigen Situation einer Alleinerziehenden Ausgeh...
In deinen Pupillen spiegelt sich blau der Ozean,
Ich frag mich im Stillen, ob das Leben noch schöner werden kann,
Ich bin zum Greifen nah bei dir...

encarnizado

Zitat von: Bobby die Bürste am 24. Oktober 2020, 18:53:45
Ich habe die Zele so verstanden, dass das lyrische Ich in dem Alter Geburtstage im Allgemeinen und warum man sie feiert nicht verstanden hat.

Genau so habe ich s auch verstanden. So eine schöne, bittersüße Zeile!